In der aktuellen Ausgabe des Spiegel ist ein langer und meines Erachtens nach sehr guter Artikel über Heavy Metal, mit dem Namen "Das Messer in der Hose"
Hauptsächlich geht es darum, dass die Szene wieder populärer wird, was auch an einigen Stellen von Joey DeMaio bestätigt wird, der ohnehin oft in dem Artikel vorkommt. Er beschreibt auch, wie er damals einen Plattenvertrag mit Blut unterschrieben hat. Außerdem gibt es noch ein kurzes Interview mit Ronnie James Dio. Wenn die Nachfrage besteht, könnte ich den Artikel auch morgen oder so mal abtippen (könnte etwas dauern, er ist sehr lang)Heute schaff ich das leider nicht.
Wollte nur mal darauf hinweisen, dass es auch in den Massenmedien noch gute Berichte über unsere Musik gibt.
___________________________________________________ Bruder, wenn du das liest, dann sag mir bescheid
EIN MESSER IN DER HOSE Heavy Metal, lange als Musik für Außenseiter abgetan, drängt in die Mitte der Gesellschaft und sorgt für Millionenumsätze. In einem nivellierten Pop-Business ist die Krach- und Dröhnmusik die letztmögliche Asdrucksform des Rock'n'Roll Von Christoph Dallach
Der sehr breitschultrige Heavy-Metal-Titan Joey DeMaio thront in der Businessetage eines Hamburger Hotels in einem Clubsessel. Vor ihm stehen ein Laptop und eine Tasse Tee. Bedächtig berichtet er von Krankenhäusern in Afrika, von Waisenhäusern im Ostblock und Flutopfern im Allgemeinen. Dazu klickt er sich durch eine kuriose Bildergalerie auf dem Schirm seines Laptops: Da sieht man den Rocker- verkleidet in dunklem Anzug, Krawatte, weißem Hemd- als Ritter des karitativen Malteserordens in der Gesellschaft von berühmten Opernsängerinnen und Elder Statesman. Wenn man ihn ließe, würde der Bassist und Boss der einst als "lauteste Band der Welt" ins Guinnessbuch eingetragenen Heavy-Metal-Band Manowar wohl nur über sein Leben als Malteserritter plaudern. Doch eigentlich ist DeMaio gekommen, um Werbung zu machen für ein großes Manowarspektakel in einem hessischen Kaff namens Bad Arolsen, das am 6. und 7. Juli Stattfinden soll. Zwei Tage lang will die Band sich und ihre erwarteten 35000 Fans mit einer Art Minifestval inklusive Tatoostäne, einem Zelt mit Stripperinnen und preiswertenm Bier feiern: ein Ereignis, das gewöhnlich von etablierten Medien vor, allem den Feuilletons, zuverlässig ignoriert wird. Kein Wunder, denn Heavy Metal gilt den meisten Menschen traditionell als dubioser Prekariatsrock, als kruder Mix von Lärm, Fantasy und Sex: ein Verlierersoundtrack für jene, die nicht erwachsen werden wollen oder können. Aber die Zeiten ändern sich offenbar, besonders im Post-WM-Euphorie-Deutschland. Heavy Metal wird neuerdings mit erstaunlichem Interesse und durchaus Respekt rezipiert, längst ist es kein Randphänomen mehr, auch wenn es noch so sehr danach aussieht. Zum Beispiel der allseits beklatschte Kino-Dokumentarfilm"Full Metal Village" der Südkoreanerin Sung-Hyung Cho über das weltweit legendäre Heavy Metal Festival in der schleswigholsteinischen Einöde von Wacken: Fasziniert blickt die Filmemacherin auf die fröhliche Kollision von Dorfbewohnern und Rockern, die aufgekratzt und friedlich die Puppen tanzen lassen. Dazu passt das in diesem Frühjahr in Deutschland veröffentlichte und in den USA gefeierte Buch "Fargo Rock City" des Amerikaners Chuck Klosterman, in dem sich der Autor auf so unterhaltsame wie kluge Weise vor den vermeintlich uncoolen Helden seiner Jugend auf dem Land verbeugt. Ganz unironisch preist Klosterman Bands wie Mötley Crüe, Skid Row, Kiss oder gar die Scorpions. Seine euphorischen "Argumente für dieMusik der aufgedrehten Verstärker" (New York Times) brachte ihm unter Kritikern viel Zuspruch. Das Buch beschreibt ein Massenphänomen, das lange zu Unrecht tabu war. Selbst im Schlageruniversum sind wilde Zeiten angebrochen, seit die finnischen Gruselrocker Lordi im vergangenen Jahr sensationell den Eurovision Songcontest gewannen. Heavy Metal kracht also mit erstaunlicher Nachhaltigkeit in die öffentliche Wahrnehmung. Diese brüllend laute Rockmusik wird von einem neuen Publikum jenseits der traditionellen Nische entdeckt. Dabei geht es nicht um Kompromissbands wie Metallica, AC/DC oder Guns'n'Roses, die bei Kulturwächtern und Werbetextern schon immer Gnade und Zuspruch fanden. Die Rede ist vielmehr von den Kellerkindern der Branche, Bands, deren Lieder kein großer Radiosender ins Programm nimmt und deren Videoclips im Musikfernsehen allenfalls zur Geisterstunde eingeschmuggelt werden. Die Welt des Heavy Metal besteht aus Strömungen wie Death-, True-, Speed-, oder Thrash-Metal; die Bands heißen Kreator, Napalm Death oder eben Manowar- und plötzlich erscheinen sie als erfrischend brachiale Alternative zur allzu gewitzten Coolness des Bildungsbürger-Rock, den Blumfeld, Radiohead oder Sonic Youth bieten.
Der zweite Teil folgt selbstverständlich auch noch in absehbarer Zeit. Genau wie das Interview mit Dio.
___________________________________________________ "Die Wahrheit ist, wenn sie ein Black Sabbath-Album rückwärts abspielen, hören sie das gesamte Comedyrepertoire von Karl Dall" (Ronnie James Dio)
__________________________________________________ Oh they say that it's over And it just had to be Ooh they say that it's over We're lost children of the sea...
Hi Habe den Artikel als treuer Spiegel-Abonent natürlich auch gleich gelesen, denn das der Spiegel über dieses Thema schreibt ist ja doch mal sehr selten. Muss aber sagen, dass ich den Artikel nicht gut finde. Was für den Spiegel ja wirlkcih sehr selten ist, ist die Tatsache, dass bei diesen Artikel wirklich nicht gut recherchiert wurde. Vor allem stört mich, dass die mit ihrem Bericht ja glatt mal 4 Jahre zu spät sind.
Meinen die allen ernstes´, dass jetzt, 2007 ein Comeback stattfidnet??? Oh man, da haben die aber echt gründlich gepennt. Ein Comeback setzt voraus, dass eine Musiksparte irgendwann mal eher bedeutungslos war. Und das war gerade beim Metal absolut nie der Fall. Es gibt kaum eine Richtung die dauerhaft so treue Fans hat . Wenn überhaupt es einen neuen Fanzuwachs im Metal gegeben hat, dann war das aber schon irgendwann nach dem Jahrtausendwechsel und nicht erst jetzt.
Außerdem stört mich, die sehr überraschte Frage im Interview, ob den Heavy nicht eintönig wäre, so wie Justin Timberlake. Da merkt man das der Redakteur noch nie irgend eine Heavy-Platte gehört hat.
Habe auch gleich mal einen Leserbrief an den Spiegel geschickt:
"Guten Tag Selten genug einmal mitzuerleben, dass der Spiegel bei einem Thema nicht führend ist, sondern arg hinterher hinkt. Das von ihnen beschriebene Comeback hat schon in den Jahren 2003/04 stattgefunden. Es war die Zeit, als die Verantwortlichen in der Plattenindustrie laut über dramatisch einbrechende Absätze klagten. Mit kaum 100 000 bis 200 000 verkauften CDs war eine Band bereits auf Platz 1 der Charts und keine 2 Wochen später im Nirvana der Bedeutungslosigkeit verschwunden. Umso mehr rieben sich diese Herren dann die verweinten Augen, wenn eine Heavy-Band wie Iron Maiden in der selben Zeit mal ganz locker 6 Mio. Platten verkaufte. Die angebliche Nischensparte Heavy Metal schafft das seit 30 Jahren ganz ohne Medienhype und Werbeplattform, und vielleicht gerade deshalb auch ganz ohne Raupkopieprobleme. Nur allein mit treuen Fans und guter Musik. Diese Bands tauchen aber trotzdem nie in den Charts auf, weil sie von den Playlists der Radiosender konsequent fern gehalten werden. Mit freundlichen Grüßen Andreas Mertens "
Ich finde schon, dass der Metal ab Mitte der 90er Jahre eine wesentlich untergeordnetere Rolle als in den 80ern oder heute gespielt hat. Aber Du hast recht, wenn, dann hat der Spiegel das "Comeback" um ein paar Jahre verpennt. Muss sagen, dass mich der Bericht auch nicht sonderlich beeindruckt. Hat jemand ohne große Ahnung, für die breite Masse geschrieben, die es zu 99,9 % ehe nicht hinterfragen werden.
netter artikel, werd mir whl diese ausgabe besorgen, aber acdc eine kompromissband zu nennnen ist eine frechheit, die stande schon immer für straighten und dreckigen rock
"Diesen bizarren Konsens darüber", schreibt Chuck Klosterman, "dass sporadisch interessante, bewusst unterproduzierte Musik von Natur aus alles überragend ist - vor allem deshalb, weil keiner sie versteht -, wird es immer geben." Aber dieser Konsens ist Ausdruck des elitären Denkens, das der Natur des Rock widerspricht. Denn Rock ´n´ Roll sei diejenige Kunstform, "bei der das Publikum wichtiger ist als die Kunst selbst". Der coole Roch zitiert Sartre, Warhol oder Nietzsche, die Metaller halten es dagegen mit Conan, Satan und Pamela Anderson Bye, bye Tristesse, hallo Radau!
Die Liebe zum Heavy Metal haben viele Anhänger bislang o dezent versteckt wie Pornofilme hinter der Bücherwand. Aber vielleicht weil die Deutschen seit der Fussball-WM mutiger uns ausgelassener denn je wirken, wird hierzulande nun auch der vermeintliche Proll-Rock in den Pop-Kanon aufgenommen.
Joey DeMaio, immer noch in dem Clubsessel des Hamburger Hotels, wagt sogar die These, dass Heavy Metal eine deutsche Erfindung sei. Guter Hardrock sei wie eine Wagner-Oper: "Einem Augenblick singen die Engel, im nächsten Moment krachen Donner und Blitze." Sein Tonstudio hat DeMaio "Haus Wahnfied" genannt, und die Wagner-Festspiele in Bayreuth hält er für das beste aller Rock-Festivals. Er habe zwar nicht jedes Buck über den Komponisten gelesen, aber "die meisten".
Seine Erkenntnis: Die Deutschen haben Rock im Blut, und wer in der Rock-Welt etwas werden will, braucht den teutonischen Segen: Selbst die Beatles hätten erst im Hamburger Star-Club ihr Handwerk gelernt.
DeMaios These von den Deutschen als Ur-Rocker stützt auch die Tatsache, dass eine amerikanische Band wie Manowar im Deutschland weitaus größeren Erfolg hat als im Rest der Welt - die Deutschen mögen die überbordende Ästhetik der Band, die sich auf ihren Plattencovern gern mit entblößten, muskelbepackten Oberkörpern präsentiert, in den Fäusten bluttriefende Schwerter, zu ihren Füßen Monsterschlangen und unbekleidete Jungfrauen.
Folgerichtig rauschte Manowars aktuelles Album "Gods of War" in diesem Frühjahr, so wie das Vorwerk, direkt auf Platz zwei der deutschen Verkaufs-Charts als dröhnender Konkurrent von Nelly Furtado und Tokio Hotel.
"Wir verkaufen von Jahr zu Jahr mehr", sagt Joey DeMaio - und das in Zeiten einstürzender Tonträger-Umsätze. Doch das Biotop Heavy Metal ist das Letzte, das eine nivellierte Pop-Kultur noch an Bizzaren, Bedrohlichem und Missverständlichem zu bieten hat.
Alle anderen Genres sind in den vergangenen Jahrzehnten domestiziert worden. All die schönen Unverschämtheiten, Skandale und Blasphemien sind längst Geschichte. Die Arctic Monkeys, die Red Hot Chili Peppers und Coldplay sorgen nur noch in den Feuilletons für Wirbel oder für Geschichten im Wirtschaftsteil. Vorbei sind die Zeiten, als Elvis mit einem Hüftschwung ein Land und eine Generation in Verlegenheit brachte; als die langen Haare der Beatles und der Rolling Stones für Empörung sorgten; als die Sex Pistols mit dem Wörtchen "fucker" im Fernsehen das Königreich erschütterten. Techno ist im neuen Jahrtausend nicht bedrohlicher als ein Handy-Klingelton, die Schussnarben des Gangster-Rapper 50 Cent nur Posterschmuck in Kinderzimmern.
Rockmusik als Gegenentwurf zum bürgerlichen Alltagstrott hat ausgedient, sie ist Hintergrundgedudel geworden, Dauerberieselung in Klingetönen, iPods, Formatradio und Werbemusiken.
Nur die Bastion Heavy Metal, gleich dem gallischen Dorf in den Asterix-Heften, ist noch nicht gefallen. Als Pioniere gelten die Briten von Black Sabbath, die Ende der sechziger Jahre mit Sänger Ozzy Osbourne loslegten und ihren böse wummernden Dröhn-Rock mit Symbolen und Zitaten von Fantasy und Okkultismus ausschmückten.
Es folgten Bands wie Judas Priest, Iron Maiden oder Def Leppard, die auch gemeinsam hatten, dass sie vom Rest der Welt verachtet und verhöhnt wurden. Wohl auch deswegen hat sich das Genre bis heute Geheimnis und Faszination bewahrt, denn seine Anhänger genießen immer noch eine Art Wir-Gegen-Die-Welt-Gefühl - ursprünglich das Lebenselixier des Rock ´n´ Roll. Diese harte Musik fordert ein letztes Recht auf Eskapismus: Brüllen, Bier trinken, böser Mann spielen.
Genau dies hat Joey DeMaio, diese mildtätige, wohlartikulierende Gentleman-Rocker und promovierte Musikwissenschaftler - "das wussten Sie nicht, oder?" - sein Leben lang getan, und nun erzählt er, wie er tatsächlich einmal einen Plattenvertrag mit seinem eigenen Blut unterzeichnet hat.
Es ist schon ein paar Jahre her, da saß er, so erinnert er sich, in einem typischen Bürokonferenzsaal, vor sich einen unterschriftsreifen Vertrag, als er sich das Hemd aufknöpfte, ein Messer aus der Hose zog, sich in die Brust schnitt, einen Kugelschreiber in die Wunde tunkte und seinen Namen unter das Papier setzte. "Dem Juristen der Firma wurde beim Anblick meines Blutes so übel, dass er aus die Toilette rannte, um sich zu erbrechen", sagt DeMaio, und es scheint immer noch zu amüsieren.
Seine Gruppe Manowar gibt es nun sei einem Vierteljahrhundert, sein Alter möchte DeMaio lieber als letztes Geheimnis bewahren. Mit der Weisheit eines Haudegens, der schon einige Jahrzehnte Radau überlebt hat, behauptet er, dass eine Welt mit mehr Heavy Metal eine bessere wäre.
Zum Beispiel habe ihn neulich ein Hells-Angels-Rocker aus dem Krankenhaus angerufen. Der wollte sich bedanken. Er war nach einer Auseinandersetzung der übleren Sorte mit einigen Schussverletzungen eingeliefert worden, und es bestand wenig Hoffnung, dass er wieder gesund werden würde. Aber dann habe er so lange Manowar gehört, bis er die Kraft hatte, wieder aufzustehen.
Oh, danke... Ich hatte das total vergessen, tut mir leid.
___________________________________________________ "Die Wahrheit ist, wenn sie ein Black Sabbath-Album rückwärts abspielen, hören sie das gesamte Comedyrepertoire von Karl Dall" (Ronnie James Dio)